Überholte Genehmigungsverfahren erschweren Einhaltung des Elektrolyseausbauziels der Bundesregierung

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) unter Robert Habeck kündigte kürzlich sogar an, im Zuge des geplanten Updates der Nationalen Wasserstoffstrategie das Elektrolyseausbauziel auf 15 GW erhöhen zu wollen. Doch Branchenvertreter sehen schon jetzt eine Ausbaulücke. Das zeigen Berechnungen der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften Acatech und des Netzwerks für chemische Technik und Biotechnologie Dechema. Demnach sind bisher nur Projekte im Umfang von 4,3 GW bis 2030 geplant. Gründe für die Zurückhaltung bei Investitionen und Initiierung von weiteren Projekten liegen neben den Verzögerungen der EU-Kommission bei der Genehmigung der milliardenschweren Wasserstoffförderprojekte im Rahmen des IPCEI-Programmes in rechtlichen Unsicherheiten begründet. Hier wartet die Branche beispielsweise gebannt auf die Einigung der EU-Organe um die Festlegung der Kriterien für die Produktion von grünem Wasserstoff im Rahmen der Erneuerbaren-Energierichtlinie („Renewable-Energy-Directive“, RED II). Und auch auf nationaler Ebene sorgen rechtliche Unklarheiten unter anderem bei der Planung und Genehmigung von Elektrolyseuren bislang noch für das Ausbleiben des benötigten grünen Wasserstoff-Booms.

Planungs- und Genehmigungsrecht als maßgebliches Hemmnis anerkennen

Soll grüner Wasserstoff rechtzeitig und in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, müssen die heute noch eher kleinen Produktionskapazitäten rasch um ein Vielfaches erhöht werden. Grüner Wasserstoff wird dabei im sog. Elektrolyseverfahren hergestellt, wobei Wasser mittels erneuerbarem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten wird. So wichtig die Wasserstoff-Elektrolyse für das Gelingen der Energiewende ist, so schwer haben es entsprechende Anlagen zügig durch die Genehmigung zu kommen. Langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure gelten unter Vertreter*innen der drei großen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Wasserstoffleitprojekte H2Giga, H2Mare und „TransHyDE” die von der Wissenschaft und der Industrie getragen werden, als wesentliches Hemmnis auf dem Weg in eine grüne Wasserstoffwirtschaft.

Was bei LNG möglich ist, sollte erst recht bei grünem Wasserstoff möglich sein

Dabei läge eine Verfahrensbeschleunigung durchaus im Rahmen des rechtlich Möglichen. Das LNG-Beschleunigungsgesetz zeigt, dass schnellere Genehmigungsverfahren für bedeutende Infrastrukturvorhaben möglich sind. Mit dem Gesetz sollen Terminals für den Import von Flüssigerdgas (LNG) deutlich schneller realisiert werden können, als dies bei anderen Infrastrukturvorhaben der Fall ist. Dazu sollen etwa Beteiligungsrechte beschränkt sowie die Umweltverträglichkeitsprüfung faktisch abgeschafft werden. Begründet wird dieser – durchaus umstrittene – Schritt damit, dass die drohende Energiekrise nicht anders abwendbar sei und die Vorhaben im überragenden öffentlichen Interesse sowie im Interesse der öffentlichen Sicherheit lägen.

Während es sich bei den LNG-Terminals lediglich um eine kurzfristige Brückenlösung handelt, stellen Elektrolyseure einen für die Energiewende zwingend erforderlichen Baustein dar. Gerade sie sollten damit als Vorhaben im überragenden öffentlichen Interesse anerkannt und – ebenso wie im LNG-Beschleunigungsgesetz – entsprechende Beschleunigungsmaßnahmen getroffen werden.

Rechtliche Unklarheiten bei Genehmigungen von Elektrolyseuren

Darüber hinaus müssen Rechtsunsicherheiten in der bestehenden Genehmigungspraxis abgebaut werden. Für die Betreiber von Elektrolyseuren muss klar erkennbar sein, welche konkreten Anforderung bei der Zulassung ihrer Anlagen relevant sind. So selbstverständlich das auch klingen mag, ist dies heute häufig nicht gewährleistet. In vielen Fällen besteht Unsicherheit hinsichtlich der Einordnung von Elektrolyseuren unter die zwei möglichen Genehmigungstatbestände im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG): Während das einfache Genehmigungsverfahren zu einer relativ zügigen Vorhabenrealisierung führt, ist beim förmlichen Genehmigungsverfahren zwingend eine Öffentlichkeitsbeteiligung zu gewährleisten. Welche der beiden Verfahrensarten im konkreten Fall einschlägig ist, ist in vielen Fällen nicht eindeutig. In der Regel gilt das förmliche Verfahren für größere Produktionsanlagen. Dabei dauert die Zulassung oft mehrere Monate. Hier muss nach Stellung des Genehmigungsantrags das Vorhaben öffentlich bekannt gemacht und die Antragsunterlagen einen Monat lang ausgelegt werden. Anschließend besteht zwei Wochen lang die Möglichkeit, Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben. Diese werden in einem späteren Erörterungstermin behandelt, wobei die Genehmigungsbehörde erst nach sieben Monaten über den Antrag entscheiden muss. Auch wenn eine Öffentlichkeitsbeteiligung die Legitimität des Vorhabens steigern kann, führt sie zu einer erheblichen Verlängerung des Verfahrens sowie zu gesteigerten Kosten. In Anbetracht der Bedeutung von Elektrolyseursvorhaben für das Gelingen der Energiewende und die Einhaltung des Elektrolyseausbauzieles der Bundesregierung, sollte hier – ebenso wie in der LNG-Politik – ein pragmatischer Ansatz gewählt werden.

Zusätzlich dazu verschlechtert die Einordung von Elektrolyseuren als sogenannte Industrieemissionsanlage die derzeitige Genehmigungssituation. Sie legt den Betreibern weitere Verpflichtungen auf, welchen die Vorhaben verteuern und die Zulassung weiter in die Länge ziehen. Die Einordnung stammt aus einer Zeit, in der Wasserstoff fossilbasiert im Wege der Dampfreformierung hergestellt wurde. Im Kontext der Wasserstoffherstellung auf Basis von Strom aus erneuerbaren Energien ist sie aber keineswegs mehr sachgemäß. Denn die Richtlinie bezweckt die Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzungen, insbesondere Emissionen, die durch Industrieprozesse entstehen. Elektrolyseure, die mit Grünstrom erneuerbaren Wasserstoff herstellen, tragen zur Erreichung dieses Ziels bei, ihre Genehmigung sollte durch die Richtlinie daher erleichtert und nicht erschwert werden.

Der Gesetzgeber muss jetzt einen genehmigungsrechtlichen Rahmen schaffen, der Investitionen in Elektrolyseure anreizt und nicht hemmt. Dass er die hierfür notwendigen Schritte kennt, zeigt das LNG-Beschleunigungsgesetz. Entsprechende Schritte sind umgehend auch für die Wasserstoff-Elektrolyse umzusetzen.

Von Regulatory Consultant Cäcilia Gätsch und Communications Consultant Benita Stalmann

 
10 Gigawatt (GW) Elektrolyseleistung soll laut Koalitionsvertrag bis 2030 in Deutschland realisiert werden. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) unter Robert Habeck kündigte kürzlich sogar an, im Zuge des geplanten Updates der Nationalen Wasserstoffstrategie das Elektrolyseausbauziel auf 15 GW erhöhen zu wollen. Doch Branchenvertreter sehen schon jetzt eine Ausbaulücke. Die könnte sich verfestigen, sollte die gebotene Reformierung der Genehmigungsverfahren bei Elektrolyseuren ausbleiben, analysieren Cäcilia Gätsch Regulytorik-Expertin und Benita Stalmann, Expertin für politische Kommunikation von 𝗰𝗿𝘂𝗵2𝟭. Haben Sie Fragen zu rechtlichen Sachverhalten rund um das Thema grüner Wasserstoff? Dann schreiben Sie sie uns gerne in die Kommentare.

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