Ansätze für ein Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz
Zur Dekarbonisierung des Energiesystems besteht ein nicht unerheblicher Bedarf nach grünem Wasserstoff und Derivaten. Dieser wird allein durch heimische Produktion nicht gedeckt werden können. In dem am 24. Februar bekannt gewordenen Entwurf zur Fortschreibung der nationalen Wasserstoffstrategie heißt es entsprechend, dass aufgrund begrenzter heimischer Erzeugungspotenziale der größere Teil der Bedarfe dauerhaft über Importe von Wasserstoff und seinen Derivaten gedeckt werden müssen. Nach Einschätzung der Bundesregierung wird im Jahr 2030 rund 50 bis 70 Prozent des geschätzten Wasserstoffbedarfs von 95 bis 130 TWh über Importe gedeckt werden müssen.[1] Der Importanteil wird in den Folgejahren noch weiter ansteigen. Um diese notwendigen Importe zu unterstützen, soll eine Importstrategie als Rahmen für die Marktakteure entwickelt werden. Dabei soll der Import in der Anfangsphase (bis 2030) größtenteils schiffsbasiert erfolgen.[2]
Der hohe Bedarf nach dem Import grünen Wasserstoffs erfordert eine entsprechende Importinfrastruktur. Im Fall des Schifftransports müssen Importterminals den ankommenden Energieträger entgegennehmen und bis zur Distribution zwischenspeichern. Diese „H2-Importterminals“[3] sind heute noch nicht vorhanden. Dabei ist im Rahmen des Förderprogramms H2-Global der Import von wasserstoffbasierten Energieträgern bereits für das Jahr 2024 geplant.[4] Ein erstes Importterminal für grünen Ammoniak ist für 2026 im Hamburger Hafen geplant.[5] Die schnelle Umsetzung einer Importinfrastruktur für wasserstoffbasierte Energieträger erfordert neben der Planung aber auch die Beschleunigung des Genehmigungsprozesses entsprechender Vorhaben. Ähnlich wie beim Aufbau der LNG-Terminals muss innerhalb weniger Jahre und synchronisiert mit den anlandenden H2-Derivaten eine entsprechende Importinfrastruktur aufgebaut werden. Langfristig kann dies vermutlich schneller und effizienter über die Umrüstung bestehender LNG-Terminals erfolgen als über einen Neubau. Allerdings ist aus technischer Sicht heute noch nicht klar, inwiefern eine Umrüstung von LNG-Terminals auf wasserstoffbasierte Energieträger möglich ist.[6] Darüber hinaus setzt auch der bestehende Rechtsrahmen kaum Anreize für eine zeitnahe Umrüstung der LNG-Terminals. Erforderlich sind also rechtliche Instrumente zur beschleunigten Realisierung von H2-Importterminals.
Im Rahmen der Regulatorik-Community der vom BMBF geförderten Wasserstoffleitprojekte wird aktuell untersucht, wie diese Beschleunigungsmaßnahmen aussehen könnten. Die Community setzt sich aus Mitgliedern von Forschung und Industrie zusammen und erarbeitet Kurzanalysen zur Optimierung des rechtlichen Rahmens für grünen Wasserstoff. „Angesichts des Bedarfs nach rechtlichen Beschleunigungsmaßnahmen beim Aufbau einer diversifizierten H2-Importinfratstruktur, wie er u.a. im Entwurf zur Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie vom 24.02.2023 deutlich wird, haben wir uns in den vergangenen Wochen intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt“, berichtet die Koordinatorin und Mitautorin der Kurzanalyse Cäcilia Gätsch. Die Kurzanalyse soll noch vor der Sommerpause an das BMWK adressiert werden und als fundierte Datengrundlage für das noch dieses Jahr geplante Wasserstoffbeschleunigungsgesetz fungieren. Die untersuchten Beschleunigungsmaßnahmen orientieren sich dabei an den Regelungen des LNG-Beschleunigungsgesetzes. Dieses sei zwar rechtlich hoch umstritten. Für den Import von grünem Wasserstoff und Derivaten sei die Lage aber eine andere, da ihre Verfügbarkeit zwingende Voraussetzung sei, um die Energie- und Klimawende zu schaffen.
[1] Überarbeiteter Entwurf für die Weiterentwicklung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) nach erfolgter Ressortabstimmung, Berlin 24.02.2023, S. 4.
[2] Überarbeiteter Entwurf für die Weiterentwicklung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) nach erfolgter Ressortabstimmung, Berlin 24.02.2023, S. 7 ff.
[3] Umfasst sind hier neben grünem Wasserstoff stets auch wasserstoffbasierte Energieträger auf Basis erneuerbarer Energien.
[4] https://www.energie.de/sonne-wind-waerme/news-detailansicht/nsctrl/detail/News/900-mio-eur-fuer-wasserstoffprojekt-h2global (zuletzt abgerufen am 04.04.2023).
[5] https://www.hafen-hamburg.de/de/presse/news/erstes-terminal-fuer-gruenen-ammoniak-kommt-nach-hamburg/ (zuletzt abgerufen am 17.05.2023).
[6] Riemer/Schreiner/Wachsmuth (2022): Conversion of LNG Terminals for Liquid Hydrogen or Ammonia. Analysis of Technical Feasibility und Economic Considerations. Karlsruhe: Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research ISI. Die Umrüstbarkeit von LNG-Terminals soll durch den im Rahmen von TransHyDe gegründeten LNG-Verbund erforscht werden, dessen Ziel die Erarbeitung einer wissenschaftlich fundierten Datenbasis als Entscheidungsbasis für die zukunftsfähige und langfristige Nutzung von LNG-Terminal-Standorten als logistische Knotenpunkte für Wasserstoff und dessen Derivate (H2-Transportvektoren) ist.